Donnerstag, 14. Dezember 2023

Winnetou in Bad Cannstatt

 Als Winnetou nach Bad Cannstatt kam:

Neues Buch aus dem Karl-May-Verlag erinnert an Theateraufführungen von 1984

Das gab es im September 1984, als die aufwendig gestaltete Tourneeproduktion „Unter Geiern“ im Reitstadion am Cannstatter Wasen Station machte. Eine Kieler Konzertagentur brachte fast das gesamte damalige Ensemble der Karl-May-Spiele Bad Segeberg in den Stuttgarter Stadtbezirk. Das neue Buch „Karl May auf der Bühne III“ aus dem Karl-May-Verlag Bamberg erinnert nun an zahlreiche Theateraufführungen mit Karl Mays Helden wie Winnetou, Old Shatterhand und Sam Hawkens, auch an die Vorstellungen in Bad Cannstatt.

Bamberg, Dezember 2023: Karl-May-Festspiele in Bad Segeberg und Elspe sind im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt, doch Winnetou & Co. standen auch schon in Bad Cannstatt auf der Bühne. Das „Konzertmanagement Kiel“ schickte im September 1984 die Inszenierung „Unter Geiern“, die im Sommer 1984 bei den Bad Segeberger Karl-May-Spielen gezeigt worden war, in fast derselben Besetzung, aber als von Bad Segeberg unabhängige Produktion, auf Deutschlandtour. Gespielt wurde in Arenen oder großen Freilichtbühnen in Northeim, Berlin und Stuttgart, wo man vom 5. bis 9. September 1984 im Reitstadion am Cannstatter Wasen die Tournee eröffnete. „Beim Gastspiel im Cannstatter Reitstadion gehört etwas Phantasie dazu, über Scheinwerfergerüsten, Schwarzpulvergestank und Mikrophongeknackse noch das Abendleuchten der Rocky Mountains vor dem geistigen Auge zu sehen. Aber die meisten Zuschauer, vor allem die Kinder und die Freikarten-Besitzer, waren dennoch zufrieden“, hieß es seinerzeit in der Lokalpresse.

Geschrieben und inszeniert hatte das Stück der Hamburger Schauspieler und Regisseur Klaus-Hagen Latwesen, der auch den Winnetou verkörperte und seit 1981 Intendant der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg war. Das „Konzertmanagement Kiel“ buchte Latwesens im Sommer 1984 im Segeberger Freilichttheater am Kalkberg aufgeführtes Stück für die Tournee. Neben „Winnetou“ Klaus-Hagen Latwesen wirkten unter anderem die aus Segeberg erprobten Schauspieler Jürgen Lederer (Old Shatterhand), Rolf E. Schenker (Hobble Frank), Fred Braeutigam (Massa Bob), Gunther Schüler (Doc Hollyday, Medizinmann), Jochen Baumert (Der dicke Jemmy) und Joe Bodemann (Bärenführer und Geierdressur) mit. Als Schweren Mokassin, Häuptling der Sioux-Ogellallah, sah man Peter Hick, der ab 1993 die Störtebeker Festspiele auf Rügen aufbaute, nachdem er zuvor in Latwesens Fußstapfen als Intendant der Segeberger Karl-May-Spiele getreten war und am Kalkberg zusammen mit Film-Winnetou Pierre Brice Rekorde gefeiert hatte.

Die Tournee geriet noch vor ihrem Start zu einem turbulenten Projekt, da sich die Produzenten zu wenig mit den großen Karl-May-Spielen in Bad Segeberg und Elspe abgestimmt hatten, wo man vor allem wegen der Werbemaßnahmen für die Tournee auf die Barrikaden ging. Die Segeberger reagierten gar mit einer Einstweiligen Verfügung, konnten das Projekt dadurch aber nicht stoppen. Nach dem Tourauftakt in Bad Cannstatt zeigte man „Unter Geiern“ noch auf der Freilichtbühne Northeim und der Waldbühne Berlin. Die als Finale geplante Stippvisite in München musste jedoch abgesagt werden, da ein Unwetter die Tribüne zerstört hatte.

An die May-Bühnengeschichte von Bad Cannstatt erinnert nun ein soeben erschienenes Buch aus dem Karl-May-Verlag Bamberg: „Karl May auf der Bühne III“. Es handelt sich um den dritten von vier Bänden der Buchreihe, mit der der Verlag seit 2021 die Geschichte der zahlreichen Theateraufführungen mit Karl Mays Traumwelten aufrollt. Bereits in den ersten beiden Bänden der Reihe dokumentierten die Autoren Nicolas Finke und Reinhard Marheinecke Karl-May-Freilichtaufführungen 1949 in Kornwestheim und 1950 im Stuttgarter Höhen- und Freizeitpark Killesberg sowie Planungen, diese später zu reaktivieren.

Nicolas Finke und Reinhard Marheinecke: „Karl May auf der Bühne“, Band 3, Karl-May-Verlag Bamberg · Radebeul, August 2023, 400 Seiten, Großformat 21,0 x 29,7 cm, ISBN 978-3-7802-0145-4, 59 Euro, Hardcover / laminierter Pappband mit Gold-Veredelung


Donnerstag, 16. November 2023

Weibsbilder - Ausstellung von Christa Klebor 

Farbfreudige, selbstbewusste und gut gelaunten Weibsbilder freuen sich am Samstag, 25.11.2023, 18.00 Uhr, auf ein "Date"   Ort: frisierbar | Kornbergstraße 45 | 70176 Stuttgart   ÖPNV: U4 Hölderlinplatz, fussläufig 2 Min.     Atelier-Adresse:  Art-Labor Christa Klebor | c/o ehem. Rilling Sekt | Brückenstraße 8c | 70376 Stuttgart Telefon: 0711 5508717 | 0151 57728030

Montag, 13. November 2023

Bad Cannstatt- Früher war alles besser?

Früher war alles besser!?

Artikel von Stefan Betsch

Pauschalisierungen gelten in der Psychologie als Übertreibungen, die meist aus dem Unterbewusstsein stammen. „Alles“ kann also früher kaum besser gewesen sein. Dazu sagte Manfred Rommel, der frühere Oberbürgermeister Stuttgarts einmal: „Nostalgie ist die Fähigkeit, darüber zu trauern, dass es nicht mehr so ist, wie es früher nicht gewesen ist.“

In Bad Cannstatt insbesondere soll alles so schlimm geworden sein. Dass auch andere Innenstädte sich massiv verändert haben, wird hier genauso ausgeblendet wie der natürliche Wandel der Zeit. Früher war es anders als heute, aber noch früher anders als früher. Und wann genau war denn diese wundervolle Zeit und was genau war damals besser? Viele Gastronomiebetriebe und Einzelhandelsunternehmen sind verschwunden und das aus verschiedenen Gründen. Aber andere sind nachgekommen und verglichen mit anderen Ortskernen steht Bad Cannstatt gut da.

Wir haben noch inhabergeführte Geschäfte und eine wirklich tolle Gastronomie- und Imbissszene. Dazu kommt die historische Altstadt, das Kurviertel, der Kurpark und viele andere schöne Ecken. Aber viele Menschen sehen darüber anscheinend effektiv hinweg. Stattdessen werden Feindbilder gesucht und gefunden: Es sind 1 Euro-Läden (hier wurde einer übrigens jüngst durch ein hübsches Café ersetzt), Shisha-Bars (Wie viele sind es denn genau?) und dass keine „Deutschen“ mehr auf der Markstraße seien. Auf die griechischen oder italienischen Läden oder Restaurants wird nicht geschimpft, die Zielgruppe ist klar ausgemacht. All das ist pauschal vorverurteilt, basiert kaum auf einer rationalen Grundlage und ist mit einer Menge Vorurteile unterfüttert.

Eine kleine Geschichtslektion: Bad Cannstatt ist seit Jahrhunderten eine Zuwanderungsstadt. Hier gab es schon immer Geld zu verdienen und Zuwanderung aus dem Ausland hat hier Tradition. Im dritten Jahrhundert haben die Alamannen die romanisierten Kelten vertrieben. Heißt das, dass wir am Ende alle Migranten sind? Ja, das kann man wohl so sagen. Später kamen Arbeiter hinzu, die im 18. Jahrhundert am Hafen und an den vielen Mühlen arbeiteten, im 19. Jahrhundert waren es die vielen internationalen Badegäste. Später während der Industrialisierung halfen uns viele ausländische Gastarbeiter dabei, das Wirtschaftswunder wahr zu machen. Angst vor Fremden gab es auch damals schon. Aber Migration heißt auch kultureller Austausch und Bereicherung.

Die These, auch in Kommentaren hier im Bad Cannstatt Blog: Es gäbe keine schwäbischen Lokale, keinen Rostbraten und keine deutsche Kultur mehr in Bad Cannstatt. Das kann niemand wirklich ernst meinen. Wem es zu wenig einheimische Angebote gibt, darf gerne eines der leerstehenden Lokale übernehmen und sich selbstständig machen. Genau das machen die so gerne kritisierten muslimischen Mitbürger. Sie gehen ins Risiko und versuchen ihr Glück. Würden mehr Eingeborene dasselbe tun, gäbe es auch mehr „deutsche“ Betriebe im Sinne der vielen, die hier Kritik üben. Logisch, oder? Aber es ist viel einfacher, sich zu beklagen, als etwas zu tun.

Dasselbe gilt für Tradition und Kultur. Wenn ein Stuttgarter Stadtbezirk Tradition hat, dann Bad Cannstatt. Hier gibt es die vielleicht älteste evangelische Fastnacht überhaupt, den ersten Fußballplatz Deutschlands, Bauwerke aus dem 15. Jahrhundert, das größte Schaustellerfest der Welt seit 1818 und seit 1717 die Tradition des Fischerstechens. Den Weinbau gibt es seit dem 8. Jahrhundert und der hat auch große Nachwuchssorgen. Der Wochenmarkt existiert seit dem 14. Jahrhundert. Das Cannstatter Kulturmenü, Cultur in Cannstatt, der Casinoclub, Musik am 13. uvm. bereichern die Kulturszene genauso wie viele Kulturvereine von Menschen, die aus anderen Ländern hergezogen sind. Wem das zu wenig Tradition und Kultur ist, darf sich sehr gerne in diesen Vereinen engagieren oder neue Initiativen gründen. Wer allerdings hofft, in unseren Brauchtumsvereinen auf Deutschtümelei zu stoßen, liegt falsch. Hier ist man allen engagierten Menschen gegenüber offen.