Als Winnetou nach Bad Cannstatt kam:
Neues Buch aus dem Karl-May-Verlag erinnert an Theateraufführungen von 1984
Das gab es im September 1984, als die aufwendig gestaltete Tourneeproduktion „Unter Geiern“ im Reitstadion am Cannstatter Wasen Station machte. Eine Kieler Konzertagentur brachte fast das gesamte damalige Ensemble der Karl-May-Spiele Bad Segeberg in den Stuttgarter Stadtbezirk. Das neue Buch „Karl May auf der Bühne III“ aus dem Karl-May-Verlag Bamberg erinnert nun an zahlreiche Theateraufführungen mit Karl Mays Helden wie Winnetou, Old Shatterhand und Sam Hawkens, auch an die Vorstellungen in Bad Cannstatt.
Bamberg, Dezember 2023: Karl-May-Festspiele in Bad Segeberg und Elspe sind im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt, doch Winnetou & Co. standen auch schon in Bad Cannstatt auf der Bühne. Das „Konzertmanagement Kiel“ schickte im September 1984 die Inszenierung „Unter Geiern“, die im Sommer 1984 bei den Bad Segeberger Karl-May-Spielen gezeigt worden war, in fast derselben Besetzung, aber als von Bad Segeberg unabhängige Produktion, auf Deutschlandtour. Gespielt wurde in Arenen oder großen Freilichtbühnen in Northeim, Berlin und Stuttgart, wo man vom 5. bis 9. September 1984 im Reitstadion am Cannstatter Wasen die Tournee eröffnete. „Beim Gastspiel im Cannstatter Reitstadion gehört etwas Phantasie dazu, über Scheinwerfergerüsten, Schwarzpulvergestank und Mikrophongeknackse noch das Abendleuchten der Rocky Mountains vor dem geistigen Auge zu sehen. Aber die meisten Zuschauer, vor allem die Kinder und die Freikarten-Besitzer, waren dennoch zufrieden“, hieß es seinerzeit in der Lokalpresse.
Geschrieben und inszeniert hatte das Stück der Hamburger Schauspieler und Regisseur Klaus-Hagen Latwesen, der auch den Winnetou verkörperte und seit 1981 Intendant der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg war. Das „Konzertmanagement Kiel“ buchte Latwesens im Sommer 1984 im Segeberger Freilichttheater am Kalkberg aufgeführtes Stück für die Tournee. Neben „Winnetou“ Klaus-Hagen Latwesen wirkten unter anderem die aus Segeberg erprobten Schauspieler Jürgen Lederer (Old Shatterhand), Rolf E. Schenker (Hobble Frank), Fred Braeutigam (Massa Bob), Gunther Schüler (Doc Hollyday, Medizinmann), Jochen Baumert (Der dicke Jemmy) und Joe Bodemann (Bärenführer und Geierdressur) mit. Als Schweren Mokassin, Häuptling der Sioux-Ogellallah, sah man Peter Hick, der ab 1993 die Störtebeker Festspiele auf Rügen aufbaute, nachdem er zuvor in Latwesens Fußstapfen als Intendant der Segeberger Karl-May-Spiele getreten war und am Kalkberg zusammen mit Film-Winnetou Pierre Brice Rekorde gefeiert hatte.
Die Tournee geriet noch vor ihrem Start zu einem turbulenten Projekt, da sich die Produzenten zu wenig mit den großen Karl-May-Spielen in Bad Segeberg und Elspe abgestimmt hatten, wo man vor allem wegen der Werbemaßnahmen für die Tournee auf die Barrikaden ging. Die Segeberger reagierten gar mit einer Einstweiligen Verfügung, konnten das Projekt dadurch aber nicht stoppen. Nach dem Tourauftakt in Bad Cannstatt zeigte man „Unter Geiern“ noch auf der Freilichtbühne Northeim und der Waldbühne Berlin. Die als Finale geplante Stippvisite in München musste jedoch abgesagt werden, da ein Unwetter die Tribüne zerstört hatte.
An die May-Bühnengeschichte von Bad Cannstatt erinnert nun ein soeben erschienenes Buch aus dem Karl-May-Verlag Bamberg: „Karl May auf der Bühne III“. Es handelt sich um den dritten von vier Bänden der Buchreihe, mit der der Verlag seit 2021 die Geschichte der zahlreichen Theateraufführungen mit Karl Mays Traumwelten aufrollt. Bereits in den ersten beiden Bänden der Reihe dokumentierten die Autoren Nicolas Finke und Reinhard Marheinecke Karl-May-Freilichtaufführungen 1949 in Kornwestheim und 1950 im Stuttgarter Höhen- und Freizeitpark Killesberg sowie Planungen, diese später zu reaktivieren.
Nicolas Finke und Reinhard Marheinecke: „Karl May auf der Bühne“, Band 3, Karl-May-Verlag Bamberg · Radebeul, August 2023, 400 Seiten, Großformat 21,0 x 29,7 cm, ISBN 978-3-7802-0145-4, 59 Euro, Hardcover / laminierter Pappband mit Gold-Veredelung