Dienstag, 13. Juni 2017

Bad Cannstatts Geschichte I

Die Geschichte von Bad Cannstatt Teil I

Bad Cannstatt vor 1330 - von Eberhard Köngeter


Dr. Jürgen Hagel: "Eigentlich hätte nicht der Stutengarten in der sommer-heißen Sackgasse des Nesenbachtals zur Hauptstadt Württembergs werden dürfen, sondern Cannstatt hätte es werden müssen. Denn dieser Platz ist ausgezeichnet durch seine Lage an einem Flußübergang und einem wichtigen Straßen-knoten, an heilenden Quellen und in einer fruchtbaren Umgebung."

Cannstatt um 1050: mit der nun 3-türmigen romanischen Pfeilerbasilika, dem Königlichen Fronhof, der Burg zum Stein an der heutigen Spreuergasse, der Mühle an der Sulzquelle mit dem Sulzbach und dem am Neckar liegenden Fischerdorf (aus Festbilderbogen 500 Jahre Stadtkirche).


Teilansicht von Cannstatt um 1330 vom Neckar aus gesehen: mit der innerhalb der Stadtmauer liegenden Burg zum Stein und dem Sulzbach, links davon das Schmidener Tor mit Zugbrücke und wassergefülltem Stadtgraben. (aus Festbilderbogen 500 Jahre Stadtkirche)

Frühe Geschichte

In seiner geschichtlichen Chronologie stellt Jürgen Hagel die politisch-herrschaftlichen Verhältnisse vor und um 1300 in Cannstatt wie folgt dar:

708 n. Chr. Erste urkundliche Erwähnung Cannstatts in einer Schenkungsurkunde des Alamannen-Herzogs Gotfrid an das Kloster St. Gallen, "Actum Canstat ad Neccarum".

746 "Blutgericht von Cannstatt". Das Alamannische Herzogtum wird gewaltsam in das Frankenreich eingegliedert, der alamannische Herzogshof dem fränkischen Königsgut zugeschlagen.

777 Karl der Große urkundet in Cannstatt. Das Königsgut ist fränkisches Reichslehen
bis ca. 1200 Cannstatt ist Teil des Frankenreichs und später Teil des Schwäbischen und Staufischen Herzogs- und Königsguts.

Ende des 12. Jhds. Cannstatt wird an Kaiser Friedrich I. Barbarossa verkauft.

Nach 1200 Cannstatt kommt an die Markgrafen von Baden. Auf den sieben Burgen leben, wie die Wappen zeigen, Gefolgsleute der Markgrafen.

Mitte des 13. Jhds. Die Grafen von Württemberg erhalten Besitz in Cannstatt (vielleicht als Heiratsgut zur Vermählung des Grafen Ulrich I. mit Mathilde von Baden, bei der Stuttgart an Württemberg überging).

1287 König Rudolf von Habsburg zerstört im Krieg gegen Graf Eberhard den Erlauchten sämtliche Burgen in und um Cannstatt.

1289 Das Domkapitel zu Konstanz erwirbt das Patronatsrecht an der Stadtkirche.

1300 Bei Cannstatt wird erstmals ein Landtag abgehalten.

1310 bis 1312 Krieg Kaiser Heinrichs VII. gegen Graf Eberhard den Erlauchten. Cannstatt wird durch Truppen der Reichsstädte zerstört.

1330 Kaiser Ludwig der Bayer bestätigt dem Grafen Ulrich III. von Württemberg am 11. Dezember 1330, dass die "stat ze Chanelstatt" städtische Rechte besitzt.

Wie können wir uns Cannstatt in den Jahrzehnten und Jahrhunderten bis zu seiner Stadterhebung vorstellen? 


Wie schon zu Römerzeiten war Cannstatt geprägt durch seine zentrale verkehrliche Lage im Mittleren Neckarraum. Hier kreuzte sich die seit altersher durch das Remstal an den Rhein verlaufende Ost-West-Handelsstraße mit dem durch das Neckartal laufenden Nord-Süd-Handelsweg, wobei die Handelswege auch immer Heerstraßen waren.

Strategisch gesichert wurde dieser Platz zu Zeiten der Römer durch ein Kastell und später in der Alamannenzeit durch einen Herzogshof. Im 12. und 13. Jahrhundert übernahmen diesen Schutz die Altenburg auf der Steig und weitere sechs Burgen verschiedener Ortsadeliger, die sich in oder um die heutige Altstadt gruppierten und teilweise in erhöhter Lage positioniert waren.

Beschrieben sind: Die Burg der niederadligen Grammen bei der Uffkirche , die Spielburg, wohl eine Turmhügelburg zwischen heutigem Wilhelmsplatz und Bahnhof, die Burg bei Niederhofen nordwestlich des Sulzerrains, die Burg zum Stein, eine Turmhügelburg mit einem vom Sulzbach gespeistem Wassergraben auf dem heutigen Grundstück Spreuergasse 37, die Burg Brie, eine Turmhügelburg in der heutigen Neckarvorstadt, die Altenburg auf der Steig, die Burg Wartenberg am Pragsattel an der wichtigen von der Donau an den Rhein führenden Ost-West-Handels- und Heerstraße. (Zerstörung dieser Burg bereits 1133 durch Welf VI.)

Mit der Zerstörung der oben aufgeführten sechs Burgen und Wohntürme im Jahr 1287 durch Rudolf von Habsburg, der sich im Krieg mit dem Württembergischen Grafen befand, verlor das Cannstatter Becken diesen strategischen Schutz. Anlaß dieses Krieges war die Wiederherstellung der königlichen Autorität und die Rückgewinnung der Verfügungsmacht über das frühere Haus- und Königsgut der Staufer nach deren Untergang im Jahr 1268 (Tod Konradins) in der Auseinandersetzung mit den nach diesen Gütern strebenden Adligen, Raubrittern und Württembergern.

Dieses Streben der Württembergerischen Grafen war letztendlich von Erfolg gekrönt: Sie erhielten Besitz in Cannstatt und somit Zugriff auf die Neckarbrücke als wichtigem Bindeglied zwischen ihrer jungen Residenzstadt Stuttgart, ihrer Burg Wirtemberg und ihren Stammlanden im Remstal.

Die Bevölkerung des dörflichen Cannstatts und der Weiler in der Umgebung lebte während der Alamannenzeit und der Zeit der Frankenherrschaft im wesentlichen von der Fischerei, der Landwirtschaft und dem Weinbau. Dieser ist ab dem 8. Jahrhundert auf ebenem Gelände und ab der Zeit um 1000 auch an den Hängen des Neckartals nachgewiesen. Für das Jahr 1279 sind sechs herrschaftliche Keltern belegt, denen die Wengerter im Rahmen eines Abgabenzwangs und einer damit verbundenen Abgabenerhebung ihre Trauben abzuliefern hatten. Die in unmittelbarer Nähe zum Neckar ansässigen Fischer (frühere Fischergasse, früheres Fischertörle in
der alten Stadtmauer) arbeiteten für den örtlichen Bedarf und den des benachbarten Stuttgart.

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