Mittwoch, 18. Juli 2018

Edition Amici

Menschen, die in einem geselligen Umfeld leben, fühlen sich wohl und sind – offensichtlich – auch gesünder!

Am 10.07. fand im Cannstatter Kursaalrestaurant der 4. Stammtisch der Edition Amici statt


Unser Stadtplanung sollte kleinteilig sein! Viele kleine Lokale, viele kleine Läden, Wohnhäuser mit mehreren, bezahlbaren Wohnungen, Kindergärten und Altersheim an einem Ort. Die kulturelle Mischung wurde als wünschenswert und fruchtbar bezeichnet, vor allem wenn zusätzlich eine Generationenvielfalt da ist und es viele kleine Anlaufstellen gibt, sich zu begegnen.


Gero Kerig

Dr. Gero Kerig – Diplompsychologe aus Freudenstadt – stellte das Buch „Gesundheit im Stadtquartier vor“. Sein spannender Vortrag erzählte von einem Forschungsprojekt, das er gemeinsam mit einem Schweizer Soziologen und einer Gesundheitswissenschaftlerin geplant hat. Drei Gruppen von Studierenden der Ib-Hochschule haben in Brennpunktvierteln der Städte Stuttgart, Köln und Berlin Befragungen durchgeführt, die Aufschluss darüber geben sollten, wie die Befindlichkeit der Bevölkerung in diesen durch Lärm und schlechte Luft belasteten Vierteln ist. Das überraschende Ergebnis wurde gestern im wahrsten Sinne des Worts „interdisziplinär“ diskutiert. Spannend war für alle die Feststellung, dass trotz aller Widrigkeiten ein „Wir-Gefühl“ in allen drei Vierteln herrscht, eine deutliche Identifikation mit dem Ort. Im großen Ganzen fühlen die Menschen sich dort wohl und wollen nicht umziehen. Die Gründe sind überall die gleichen: man kennt sich untereinander, es gibt so etwas wie nachbarliche Solidarität, Kontakt zu vielen Menschen und ein Gefühl von Geborgenheit. Der Bäcker, bei dem man namentlich begrüßt wird, der Metzger, bei dem man auch mal anschreiben kann, der freundliche Nachbar im zweiten Stock, der Kindergarten gegenüber und die Kneipe an der Ecke. Alle hätten gern mehr Grünanlagen, bessere Straßenbeleuchtung und Pflege der Unterführungen.

Überraschender Weise sind Arztbesuche und Krankmeldungen im Verhältnis zu anderen „besseren“ Vororten erstaunlich viel seltener. Aggressionen gegenüber ausländischen Mitbewohnern waren nirgends spürbar.

Die Diskussion gestern war vielschichtig und sehr differenziert auf Grund der unterschiedlichen Berufe der Teilnehmer: Handwerker, Theologe, Lehrer, Musiker, Hausfrau, Arzt, Psychotherapeut und Stadtplaner fanden einen leidenschaftlichen Konsens: Unser Stadtplanung sollte kleinteilig sein! Viele kleine Lokale, viele kleine Läden, Wohnhäuser mit mehreren, bezahlbaren Wohnungen, Kindergärten und Altersheim an einem Ort. Die kulturelle Mischung wurde als wünschenswert und fruchtbar bezeichnet, vor allem wenn zusätzlich eine Generationenvielfalt da ist und es viele kleine Anlaufstellen gibt, sich zu begegnen.

Die gut besuchte Veranstaltung mit einer repräsentativen Verteilung von Interessen war sich rundum einig: Als zutiefst bedauernswertes Resümee blieb, dass die Stadt Stuttgart aus ökonomischen Gründen dazu neigt, ihre freie Grundstücke an finanzstarke Investoren zu vergeben, die das Gelände an Einkaufszentren oder Großfirmen vermieten. Eine lebendige Stadt braucht Kleinteiligkeit und Grünflächen.

Das Buch mit der Studie, informativen Texten, Statistiken und Abbildungen ist für 14,90 € inklusive Porto per Mail bei om@edition-amici.de bestellbar.

Mehr Infos zu Gero Kerig finden Sie hier. 


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